Altes Rathaus, 14.09.2013. Große GefĂŒhle hatte das Sextett von „Tangoblu“ angekĂŒndigt – und dieses Versprechen auch gehalten. GlĂŒck und UnglĂŒck liegen eng im musikalischen Notensystem beieinander. „Tangoblu“ transportiert Lieder ĂŒber Liebe, Mord und Totschlag. So kamen die Zuschauer am Samstag im voll besetzten Saal des Alten Rathauses voll auf ihre Kosten.

Tangoblu

ZunĂ€chst bestimmt die Liebe die Szenerie. Schon das hautenge, schwarze Kleid, das Heide Bertram kombiniert mit rot-schwarzen Schuhen und schier endlos langen Pfennig-AbsĂ€tzen trĂ€gt, zeigt eine verfĂŒhrerische Frau. Ein Symbol fĂŒr die Liebe. Beim Barbara-Lied von Kurt Weill aus der Dreigroschenoper wird die Frau aber schwach. Gegen alle Vernunft lĂ€sst sie drei gute MĂ€nner sausen, wĂ€hrend sie sich dem vierten – einem Taugenichts – hingibt. Niemand weiß, wo die Liebe hinfĂ€llt.

Rabiater geht’s bei Mackie Messer zu. Der Mann aus der Dreigroschenoper ist vor keinem Mord fies. Mit finsterem, starrem Blick neigt sich SĂ€nger Werner BĂŒlter bei seinem Vortrag dabei ins Publikum vor. Man könnte glatt Angst bekommen, sĂ€ĂŸe man nicht im gemĂŒtlichen alten Ratssaal, sondern auf einer Parkbank im Londoner Nebel.

 

Zwar weniger Tote, dafĂŒr aber mindestens genauso hinterhĂ€ltig ist Herbert, der Mann mit den blauen Augen. Entsprungen der Feder von Georg Kreisler. Herbert besitzt zwar wunderschöne blaue Augen, ist aber ein Mörder, der seinen Freund fĂŒr seine Tat bĂŒĂŸen lĂ€sst. Noch auf dem Richtblock blickt der Verurteilte in Herberts blaue Augen und denkt: „Fass Mut! Es wird noch alles gut.“ Doch als der Henker Herbert anschaut, ist der mĂŒde und schließt die Augen. Das Beil fĂ€llt. Und die Moral von der Geschicht‘: „Vertrau den blauen Augen nicht, sonst kostet es den Kopf!“

Dass nicht nur MĂ€nner Halunken sein können, beschreibt Heide Bertram. Schon in jungen Jahren, so singt sie, hat sie BĂŒstenhalter gestohlen, obwohl sie noch keinen Busen hatte. Dabei zupft die Sopranistin einem Gast in der ersten Reihe in die rechte Innentasche seines Sakkos. So als wolle sie etwas stehlen. Reflexartig greift der Herr in seine Tasche – und muss schmunzeln. Immer wieder beziehen die „Tangoblus“ die Zuschauer mit ein. Und so halten die sechs Musiker, was sie versprochen hatten: große GefĂŒhle. PrĂ€sentiert mit Stil und Ironie.

(Quelle: WestfÀlische Nachrichten, Rupert Joemann, 16.09.2013)