Altes Rathaus, 29.01.2012. Es gibt Dinge, die spannender sind, als sie sich zunächst anhören. Der Auftritt von David Steffens und Christopher White etwa, die am Sonntag Goethe sangen und rezitierten.  Na ja. „Johann Wolfgang von Goethe: gesungen und rezitiert.“ Es gibt Dinge, die hören sich spannender an. Doch das Ergebnis war beeindruckend. David Steffens und Christopher White brillierten am vergangenen Sonntag im Alten Rathaus beim Lied- und Lyrikabend.  Der altehrwĂĽrdige Saal gab der Veranstaltung den passenden Rahmen. In einem modernen Ambiente hätte das Thema vermutlich nicht so gewirkt. Der groĂźe deutsche DichterfĂĽrst und Kompositionen von Robert Schumann, Franz Schubert, Hugo Wolf und Arnold Schönberg. Passt das? Es passt. Und eigentlich ist es auch irgendwie ein Muss.

„Es war zu Goethes Zeit immer gefragt, Lyrik und Gesang miteinander zu verbinden“, erläuterte Dr. Nikolaus Schneider. Niemand, so der VHS-Leiter, wäre auf die Idee gekommen, einfach so ein Buch aus dem Regal zu nehmen und daraus zu rezitieren. Die lyrischen StĂĽcke seien immer vertont worden. Eher skeptisch eingestellt war Goethe gegenĂĽber den Vertonungen des jungen Franz Schubert.  Aus heutiger Sicht wohl unbegrĂĽndet. Christopher White versank förmlich bei „Prometheus“ voller Hingabe im Klavier. Mit ebensolcher Leidenschaft brachte David Steffens (Bass) die goetheschen Werke zu Gehör. Mit beeindruckend voluminöser Stimme, mal schmetternd, mal eher zärtlich angehaucht, gab der Träger der Lilli-Lehmann-Medaille der Stiftung Mozarteum Salzburg Goethes Worten Gewicht. Perfekt aufeinander abgestimmt, zeigten beide beeindruckendes Rhythmus-GefĂĽhl.

Die Intensität, mit der David Steffens auftrat, war fesselnd. In das bei vielen SchĂĽlern verhasste gelbe Reclam-Heftchen mit Goethes Werken schaute er zwar gelegentlich rein, doch das war mehr zur Zierde. Dass Goethe gerne mal ein SchlĂĽckchen Wein trank und dieses Thema sich in seinen Texten wiederfand, hoben die beiden mit drei StĂĽcken (Musik von Hugo Wolf) hervor.  Neben den gemeinsam interpretierten StĂĽcken traten beide aber auch alleine auf. Der Wechsel von Instrumentalmusik, reiner Rezitation und musikalisch untermalter Lyrik machte einen weiteren Reiz des Abends aus. 

Wieder einmal hatte es die Veranstaltergemeinschaft um den Freundeskreis Schöppinger Konzerte geschafft, zwei musikalische Talente mit hohem kĂĽnstlerischen Anspruch in die Vechtegemeinde zu locken. Kompliment. Es gibt Dinge, die sind spannender, als sie sich anhören. 

(Quelle: WN v. 30.01.2012, Rupert Joemann)