St. Brictius, 14.07.2011. Der kühle Sommerregen prasselte aufs Kirchendach, der Sturm umtoste die ehrwürdige Sankt-Brictius-Kirche in Schöppingen. Umso behüteter fühlten sich die Besucher eines in jeder Hinsicht außergewöhnlichen Konzertes mit einem weltberühmtem Chor mit tausendjähriger Tradition: Die Regensburger Domspatzen unter der Leitung von Roland Büchner (57) ließen am Donnerstagabend in der voll besetzten Kirche mit dem weit über die Region hinaus bekannten Schöppinger Altar die Sonne aufgehen. Dieser Abend war nicht nur als herausragendes Musikereignis einzustufen, das Konzert wirkte - so wie es Pfarrer Wolfgang Böcker sich auch wünschte - wie ein ergreifendes geistliches Erlebnis mit Chorliteratur aus fünf Jahrhunderten.
Als wollten die rund 60 Sänger vom Knaben- bis zum Mannesalter ihren restlos begeisterten Zuhörern noch den Segen für einen unbeschadeten Heimweg mitgeben, verabschiedeten sie sich in der zweiten Zugabe mit Felix Mendelssohn Bartholdys unvergleichlichem Doppelquartett „Denn Er hat seinen Engeln befohlen über dir, dass sie dich behüten“ aus dem Elias-Oratorium. Noch schöner und ergreifender erklang zuvor in feinster dynamischer Abstufung Josef Rheinbergers Abendlied „Bleib bei uns, denn es will Abend werden“.
In einem gut eineinhalbstündigen Programm hatten die erstmals in Schöppingen auftretenden Regensburger Domspatzen zuvor Chorwerke und Kompositionen vom 16. bis 20. Jahrhundert glanzvoll durchschritten. Das begann mit ergreifenden Passionsmotetten des Spaniers Tomás Luis de Victoria (1548-1611). Ob in Johann Sebastian Bachs achtstimmiger und höchst verzwickter Motette „Der Geist hilft unserer Schwachheit auf“ oder in dem nur vom Knabenchor dreistimmig vorgetragenen Mendelssohn-Stück „Hebe deine Augen auf“: Die Domspatzen verrieten nicht die leiseste Unsicherheit. Klangreinheit und Perfektion in der Artikulation herrschten bis in die letzte Stimme vor. Der umsichtig agierende Roland Büchner unterband zudem gerade bei Mendelssohn Bartholdy jede Form von romantischem Zuckerguss. Als eine echte Entdeckung wurde im zweiten Teil des Konzerts zum Beispiel das „Laudate Dominum“ des Norwegers Knut Nystedt (Jahrgang 1915) empfunden, der sich als moderner Komponist anlehnt an Palestrina und den Gregorianischen Choral. Wolfgang Amadé Mozarts „Ave verum“ erfreute die Zuhörer hier ebenso wie Anton Bruckners besonders klangprächtiges „Tantum ergo“.
Es war eine wahre Wonne, die Regensburger Domspatzen an diesem verregneten Sommerabend zu erleben. Nach dieser Premiere im schönen Schöppingen darf man hoffen, dass sie in nicht allzu ferner Zukunft einmal wiederkommen. Im Münsterland jedenfalls haben die Domspatzen viele neue Freunde gewonnen.
(Quelle: Text: WN v. 14.07.2011, JOHANNES LOY, Fotos: Sylvia Feldhaus)