St. Brictius, 22.04.2007. Ein Musikgenuss der ganz besonderen Art wurde den Besuchern des Kirchenkonzerts in St. Brictius geboten. Man fühlte sich in  die Zeit vom 15. bis 17. Jahrhundert versetzt. Die Akteure des „Collegicum Musicum Ars Antiqua“ aus Portuguaro/Italien beeindruckten mit ihrer Präsentation im Gesang geistlicher Musik aus Renaissance und Barock.

Zum Auftakt brachten sie die Missa Viri Galilaei von Giovanni Pierluigi Palestrina (1515-1594) zu Gehör. Schon im Introitus, der nach Art der gregorianischen Chorals gestaltet war, überzeugte die bestechend präzise Artikulation, die auch in den polyfonen Partien, dem Kyrie, nicht überschwänglich konzipierten Gloria, dem Credo, Sanctus und Agnus Die bemerkenswert war und ein gutes Textverständnis bewirkte. Stimmlich überzeugte der A-cappella-Chor durch seine Sauberkeit und Harmonie insbesondere im Piano. Keine Stimme dominierte, auch nicht der Bass. Zwei dutzend Sängerinnen und Sänger boten die sechsstimmige Messe gekonnt dar, so dass nach dem ersten Teil des Konzerts spontan Applaus einsetzte.

Auch im zwölfteiligen Motettenzyklus Prophetae Sibyllarum von Orlando di Lasso (1532-1594) bestach der Chor durch seine Perfektion. Die Sibyllinischen Orakelsprüche wurden jeweils von Andreas Ladwig, Sprecher und Schauspieler aus Münster, in deutscher Sprache vorgetragen. Alle Weissagungen handeln ausnahmslos vom Mysterium der Jungfrauenschaft Mariens, die den Sohn Gottes gebären wird. Äußerst konzentriert ließ sich der Chor von Chorleiter Lucie Cristante durch die abwechslungsreichen Tempi von Forte bis zum Piano führen.

Sehr gur fügten sich auch die Orgelwerke von Dietrich Buxtehude (1637-1707) zu Palestrina und di Lasso. Jeweils im Wechsel mit dem Chor spielte Massimo Berzolla aus Piacenza auf der Ott-Orgel. Nach der Missa Viri Galilaei von Palestrina spielte er Präludium und Fuge in g-Moll. Es folgte nach den ersten drei Sibyllinischen Sprüchen das Choralvorspiel „Mensch, willst du leben seliglich“. Nach der sechsten Sibylla spielte er eine Canzonetta und nach der achten das Choralvorspiel „Vater unser im Himmelreich“. Den Schlusspunkt setzte der Organist nach der zwölften Sibylle mit der Toccata d-Moll von Buxtehude. Nach lang anhaltendem Applaus war es auch an ihm, eine Zugabe auf dem Jubiläums-Instrument zu geben. Er entschied sich für ein Ricerare von Andrea Babrieli.

(Westfälische Nachrichten, 24.04.2007, AK) 


In der St. Brictius Kirche in Schöppingen war das folgende Programm zu hören:

 

Giovanni Pierlugi da Palestrina  (1525 - 1594)

Missa Viri Galilaei

(6-stimmige Messe, veröffentlicht 1601 posthum)

 

 

Dietrich Buxtehude (1637 - 1707)

Praeludium und Fuge in g-moll

(BuxWV 149)

 

 

Orlando di Lasso (1532 - 1594)

Prophetiae Sibyllarum

(12-teiliger Motettenzyklus, um 1555)

 

 

Dietrich Buxtehude

Toocata d-moll

(BuxWV 155) 

 

 

Der Dichter Matthias Claudius beschrieb im Jahr 1774 Palestrinas Musik so: "Sie geht [...] langsam und andächtig einher, richtet ihr Auge unbeweglich gen Himmel und trifft mit jedem Schritt das Herz." Mehr zu Palestrina finden Sie hier.

Orlandi di Lasso wurde am Hofe Albrechts V. "Princeps Musicoum Bavariae" genannt. Informationen zu seiner Person und seinem Werk finden Sie hier.

Der 300. Todestag von Dietrich Buxtehude wird am 7. Mai 2007 begangen. Er war ein Sohn des Organisten Johann Buxtehude. Hier finden Sie mehr Informationen. 

Seit seiner Gründung im Jahre 1993 arbeitet das Ensemble Collegium Musicum Ars Antiqua an der Wiederentdeckung, an Studium und Pflege von Sakralmusik, die in der Musikgeschichte unersetzliches Kulturgut geworden ist. Erstaufführungen in Italien und in Deutschland mit einstimmigen liturgischen Gesängen der römischen Gregorianik und des Patriarchats von Aquileia sowie der Polyphonie des XV.-XVII Jahrhunderts sind wesentlicher Bestandteil der Arbeit der letzten Jahre. Diese spezielle Arbeit betreffend sind CD-Einspielungen (Concerto, stradivarius, Sarx, Nuova Era) mit Giovanni Acciai und seinem Collegium Vocale et Instrumentale „Nova Ars cantandi“ sowie Aufnahmen für den Italienischen Rundfunk (RAI) produziert worden. In Erstaufführungen stellte das „Collegium Musicum“ im Jahre 2000 in mehreren Konzerten in Deutschland das Officium Defunctorum op. XI von Viadana vor, verbunden mit Giovanni Pierluigi da Palestrinas sechsstimmiger Messe Missa Papae Marcelli. 

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Lucio Cristante gründete 1993 und leitet bis heute das Collegium Musicum Ars Antiqua. Er ist Professor für lateinische Sprache und Literatur an der Universität Triest. Nach jahrelanger Arbeit der Umschreibung und der Vorbereitung wurden von ihm und Giovanni Acciai 1992 die Vespri per la festa di Ognissanti (Allerheiligen-Vesper) von Giovanni Giacomo Arrigoni (1597 – 1675) neu herausgegeben und durch eine CD-Einspielung (Concerto) der Öffentlichkeit bekannt gemacht. Im Jahr 1995 folgten Umschreibung, vollständige Aufführung und Einspielung der Responsoria et Lamentationes von Ludovico da Viadana, 1997/1998 vom gleichen Komponisten das Officium Defunctorum op.XI. Zahlreiche Einspielungen mit geistlicher Musik der Renaissance sind seitdem erfolgt. 

Massimo Berzolla (Orgel), geb. 1963, erwarb an der Musikhochschule “G. Nicolini“ in Piacenza sein Diplom im Fach Orgel mit Auszeichnung und studierte Komposition bei Bruno Bettinelli. Seine Studien setzte er anschließend an der Accademia Musicale von Pescara fort, wo er von Giuseppe Zanaboni im Fach Orgel und von Nicola Samale sowie Gilberto Serembe im Fach Orchesterleitung unterrichtet wurde. Er ist Titularorganist der Kathedrale in Piacenza. Massimo Berzollas besondere Neigung gilt der Orgelmusik des 20. Jahrhunderts. Neben seiner regen Konzerttätigkeit als Organist, die ihn neben Italien auch nach Frankreich(Internationaler Orgelwettbewerb St. Eustache in Paris), Deutschland (Internationale Orgelwochen im „Kultursommer Rheinland-Pfalz“, „Geistliche Konzerte Abtei Brauweiler“), in die Schweiz und nach Polen führte, arbeitete er auch mit dem Italienischen Philharmonischen Orchester, den Kammerorchestern „Stradivarius“ und „Ricercare“ zusammen. Ebenfalls kann er auf eine Reihe eigener Kompositionen verweisen, die auf CD (Millennio) erschienen sind und auch vom Italienischen Rundfunk RAI (Mediaset) gesendet wurden. 

Karten im Vorverkauf sind erhältlich bei Schreibwaren Richler, Tel. 02555/664 und am aktuellen forum, Volkshochschule, Tel. 02561/95370.